5-1
Seit 1933 war die „Hitler-Bewegung“, die NSDAP an der Macht, in Berlin ebenso wie dann auch in Senne II.
Hier zur Veranschaulichung das Pflanzen einer Hitler-Eiche in Kremsmünster in Oberösterreich - www.kremsmuenster.at |
Im Reichs-Arbeitsdienst-Lager Deuten bei Dorsten wird die Hitler-Eiche gepflanzt. | dorsten-unterm-hakenkreuz.de So ähnlich wird es in Senne II auch ausgesehen haben ... |
Alle Vereine aus Senne II („aber auch keiner fehlte“) nahmen an dem hervorragend organisierten Festzug teil, berichtete der Chronist aus jener Zeit. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass diejenigen, die maßgeblich diese Hitler-Eiche gepflanzt hatten, sie 1945 auf Druck der andersdenkenden Bürger auch wieder ausgegraben und entfernt haben!
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zum illustrieren der frühen NS-Zeit 1933-1935 in den Bielefelder Landgemeinden - hier aus dem Nachbarort Senne I, ca. 5 km vom Wohnsitz Erna Kronshages entfernt:
BDM - Bund Deutscher Mädel - im Nachbarort Senne I, 1934... |
Propagandafahrzeug der Firma Windel in Senne I, knapp 3,5 km von Ernas Wohnung entfernt, für den Volksentscheid am 19. August 1934 in Senne I: In der Abstimmung sollte Hitler als Reichskanzler und "Führer" bestätigt werden ...
Einweihung des Horst-Wessel-Denkmals am 09. Oktober 1933 auf dem Kamm des Teutoburger Waldes. Der 1930 von KPD-Mitgliedern ermordete Wessel galt als "größter Sohn der Stadt Bielefeld" und "Sänger und Kämpfer des Dritten Reiches"...
HJ - Hitler Jugend im Nachbarort Senne I, 1935
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5-2
In der Schulzeit war Erna Kronshage ein fröhliches offenes, ausgeglichenes und fleißiges Mädchen, im Unterricht selbst gar ein „Rennpferd“, wie sie von ihrer damaligen Mitschülerin noch fünfzig Jahre später bezeichnet wurde. Ihr Notenschnitt, nach 8 Jahren Schulzeit in ihrem Abschlusszeugnis von 1937 lag stolz bei 1,78 - allerdings spielte ein Notendurchschnitt damals wohl noch keine Rolle für eine erfolgreiche Zukunft ...
5-3
Zum Ende von Ernas Schulzeit 1937 kann man sich in der dreizügigen 1. Gemeindeschule von Senne II im Kreis Bielefeld durchaus Situationen als Abbilder der jüngsten gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen in der NS-Gesellschaft auch im Schulalltag vorstellen.
- Erna Kronshage war in der Schule ein "Rennpferd" - wie eine Mitschülerin sie 60 Jahre später bezeichnete: Ihr (damals kaum maßgeblicher) Notenschnitt war 1,78 ...
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5-4
Während sich die Kinder und Jugendlichen verschiedener Couleur in ihren angestammten Gruppenräumen unter ihren jeweiligen Bannern versammelten, mit dem Fahrrad zum nächstgelegenen Treffpunkt fuhren oder gar mit dem Zug in die nächstgelegenen Orte unterwegs waren, immer mit Altersgenossen auch vom jeweils anderen Geschlecht, hatte sich Erna in ihrer Arbeit und in ihrer Mithilfe auf dem Mühlenkamp im Dienst an ihren Eltern (zu) vergraben.
Während sich die Kinder und Jugendlichen verschiedener Couleur in ihren angestammten Gruppenräumen unter ihren jeweiligen Bannern versammelten, mit dem Fahrrad zum nächstgelegenen Treffpunkt fuhren oder gar mit dem Zug in die nächstgelegenen Orte unterwegs waren, immer mit Altersgenossen auch vom jeweils anderen Geschlecht, hatte sich Erna in ihrer Arbeit und in ihrer Mithilfe auf dem Mühlenkamp im Dienst an ihren Eltern (zu) vergraben.
Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler hatten sich längst entschieden und sich angepasst und arrangiert oder aber sich schmollend in die hintere Ecke mit den jeweiligen Mitstreitern verzogen. Erna zögerte noch, sich einzupassen, sich zuzuwenden, einen Standpunkt einzunehmen. Überhaupt war das wahrscheinlich ihre Grundproblematik, einen eigenen individuellen Standpunkt für sich zu finden in kontroversen Fragestellungen. Dazu bedurfte es eines starken und unbedingten Ichs.
Als die "Jüngste" der Familie wird Erna auch besonders "betüddelt" und untersteht einer besonderen Achtsamkeit in der Geschwisterlinie. In den Zukunftsabwägungen für sie entschieden sich die maßgebenden Eltern damals gegen eine "Lehre", eine Berufsausbildung - etwa im grafischen Großbetrieb im nahegelegenen Brackwede wie sie von einigen Mitschülerinnen und Nachbarinnen Ernas absoviert wurden - sondern die Eltern "behielten" und benötigten sie als "Haustochter im elterlichen Betrieb" - zur dringend notwendigen Mithilfe in der täglichen landwirtschaftlichen Arbeit in Haus und Hof.
"Haustochter" war eine damals durchaus gängige Tätigkeits- und "Berufs"bezeichnung für eine junge Frau, die für eine bestimmte Zeit - vielleicht bis zur eigenen Verheiratung - in einer fremden oder hier auch der eigenen Familie lebte, um gezielt eine Haushaltsführung durch Praxis zu erlernen. Die Haustochter war formal zwar eine Angestellte, wurde aber auch in fremden Familien bewusst wie ein Familienmitglied behandelt.
In damaligen Landwirtschaftsbetrieben zählte eine solche "Haustochter" als betriebliche Mitarbeiterin, die in den NS-Kriegszeiten vom "Arbeitsdienst" und den üblichen "BDM"-Einsätzen freigestellt wurde - um als "kriegswichtige Arbeitskraft an der Heimatfront" verpflichtend (!) mitzutun. Sie unterstand dabei den Regelungen und Verpflichtungen der damals parteigebundenen ständischen Landwirtschaftskammer und dem "Reichsnährstand-Gesetz", was damals ebenfalls dem allseits tragenden "Staatsgedanken von Blut und Boden" verpflichtet war.
click zu einer umfassenden Online-Ausstellung |
...und zum "Andenken" an die Schulzeit bekam Erna Kronshage vielleicht auch diese "Urkunde" ...
NS-Werbung Arbeitsdienst Mädchen: "Pflichtjahr"
Hitler über die Jugend: ... "nicht mehr frei ihr ganzes Leben." - Doku-Illustration aus: Nora Krug: "Heimat - ein deutsches Familienalbum", Penguin 2018 |
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EINSCHUB:
DIE ZUGEWIESENE ROLLE DER FRAU IN
NAZI-DEUTSCHLAND
Hitler sagt zur Rolle der Frau 1934 u.a. ...:
"Wir empfinden es nicht als richtig, wenn das Weib in die Welt des Mannes, in sein Hauptgebiet eindringt, sondern wir empfinden es als natürlich, wenn diese beiden Welten geschieden bleiben. (…) Was der Mann einsetzt an Heldenmut auf dem Schlachtfeld, setzt die Frau ein in ewig geduldiger Hingabe, in ewig geduldigem Leiden und Ertragen. Jedes Kind, das sie zur Welt bringt, ist eine Schlacht, die sie besteht für Sein oder Nichtsein ihres Volkes.“
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- NOVEMBERPOGROME 1938 IN BIELEFELD
In der Nacht vom 09. auf 10. November 1938 brannte auch in Bielefeld die Synagoge der jüdischen Gemeinde nach den gezielten Brandstiftungen und Plünderungen durch die dafür abkommandierten NS-Trupps - den "Novemberpogromen", der sogen. "Reichskristallnacht". Diese Vorkommnisse wurden bestimmt auch in Senne II diskutiert - und die Berufspendler vom Bahnhof Kracks werden auf dem "Mühlenkamp"-Hof von diesem Ereignis berichtet haben ...
Hier das Bild der brennenden Synagoge in Bielefeld - und der dazu angefertigte Brandbericht der Städtischen Feuerwehr:
Quelle: "bielefeld.de" und "SPIEGEL" Nr. 47 v. 22.11.2010 |